GewerbetreibendeR oder NeueR SelbständigeR ?
In der Gewerbeordnung sind die Tätigkeiten aufgezählt, die gewerbescheinpflichtig sind. Nur wenn eine Tätigkeit nicht gewerbescheinpflichtig ist, kann diese als Neue/r Selbständige/r ausgeübt werden.
Es gibt folgende Arten von Gewerbe:
- Freie Gewerbe – diese sind an keine Befähigungsvoraussetzungen bezüglich Zulassung gebunden
- Gewerbe, für deren Ausübung eine gewisse Befähigung nachgewiesen werden muss
- Gewerbe, für deren Ausübung eine gewisse Befähigung nachgewiesen werden muss und deren Ausübungsberechtigung von der zuständigen Berufsvertretung zugelassen werden müssen
- EDV-Dienstleistungen
- PR-Beratung
- Werbeagentur
- Handel mit Waren aller Art
Was gilt als Befähigungsnachweis?
Eine einschlägige Ausbildung und/oder Praxiszeiten
Welche Unterlagen brauche ich zur Lösung eines Gewerbescheines?
- Aktueller Strafregisterauszug
- Aktuelle Meldebestätigung (Wohnsitz)
- Geburtsurkunde
- Staatsbürgerschaftsnachweis
- Unterlagen betreffend Befähigungsnachweis, falls kein freies Gewerbe
Achtung! Der Beginn der gewerblichen Tätigkeit ist gemeinhin der Tag der Anmeldung des Gewerbes bei der BH/beim Magistrat (Ausnahme: konzessionierte Gewerbe bzw. sonstige Gründe, die das Recht der Gewerbeausübung womöglich vereiteln könnten z.B. Vorstrafe).
Sonstige Voraussetzungen für den Gewerbeschein:
- 24. Lebensjahr überschritten
- Österreichische Staatsbürgerschaft
- Keine Ausschließungsgründe
Achtung!Da sich auch manche Bestimmungen in der Gewerbeordnung oft ändern, ist es empfehlenswert, bei der Rechtsabteilung der Wirtschaftskammer anzurufen und sich zu erkundigen, ob die beabsichtigte Tätigkeit das Lösen eines Gewerbescheines voraussetzt oder nicht. Viele Neue Selbständige wären eigentlich Gewerbetreibende, haben aber nicht realisiert, dass ihre Tätigkeit zumindest in den Rahmen eines freien Gewerbes fallen würde. Das Nicht-Lösen eines Gewerbescheines für eine Tätigkeit, die eigentlich eine gewerbliche im Sinne der GewO wäre, ist strafbar!
Die Pflichtversicherung bei der Sozialversicherung beginnt mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen eingetreten sind =
- dem Tag der Gewerbeanmeldung oder Konzessionserteilung
- dem Tag des Eintrittes in eine Offenen Gesellschaft (OG)
- dem Tag der Bestellung zum/r KomplementärIn einer Kommanditgesellschaft (KG) oder dem Tag der Bestellung zum/r geschäftsführenden GmbH-GesellschafterIn
Für Gewerbetreibende fallen dieselben SV-Beiträge an wie für ArbeitnehmerInnen oder Neue Selbständige =
- Krankenversicherung
- Pensionsversicherung
- Unfallversicherung
Achtung! Anders als bei den Neuen Selbständigen tritt die Versicherungspflicht unabhängig von der Höhe der Einkünfte sofort mit Aufnahme der gewerblichen Tätigkeitn ein. Diese muss der SVA binnen einem Monat ab Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit mittels Versicherungserklärung angezeigt werden.
Ausnahme von der Pensions- und Krankenversicherung
Ausnahme wegen „geringfügiger“ Einkünfte (gilt für alle Gewerbetreibende und KonzessionsinhaberInnen, nicht aber für GesellschafterInnen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft) Die Ausnahme kann beantragt werden (die Unfallversicherung muss in jedem Fall bezahlt werden = ca. € 90 - 100 p.a.).
Unter folgenden Voraussetzungen kann man sich als EinzelunternehmerIn von der gewerblichen Kranken- und Pensionsversicherung befreien lassen:
- Gewinn p.a. < € 4.515,12 (Wert 2012) und
- Umsatz p.a. < € 30.000 und
- Innerhalb der letzten 60 Kalendermonate max. 12 Monate nach dem GSVG pflichtversichert oder
- Regelpensionsalter (65/60) vollendet oder57. Lebensjahr vollendet und obige Grenzen in den letzten 60 Kalendermonaten nicht überschritten
Achtung!
- Antrag muss gestellt werden
- Kein Versicherungsschutz mehr, außer Unfallversicherungsschutz (€ 91,80 p.a.)
Verpachtung eines Gewerbebetriebes: Anzeige bei der Gewerbebehörde der zuständigen Bezirkshauptmannschaft oder beim Magistrat.
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NEUE SELBSTÄNDIGE
Seit dem Sozialrechtsänderungsgesetz von 1998 sind alle Erwerbseinkommen grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. Der Datenaustausch zwischen Finanzverwaltung und Sozialversicherungsträgern führte zu einer verstärkten diesbezüglichen Kontrolle.„Neue Selbständige“ heißt, dass die selbständige Tätigkeit nicht gewerbescheinpflichtig ist. Derzeit gibt es ca. 150 Tätigkeitsbereiche, z.B. GutachterIn, Vortragende/r, Sachverständige/r, technische/r ZeichnerIn, … Bei Unsicherheit sollte ein Feststellungsbescheid seitens der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft gemacht werden.
Versicherungspflicht von Neuen Selbständigen
Die Versicherungspflicht beginnt erst bei Überschreiten von bestimmten Gewinngrenzen:
Versicherungsgrenze 1: 6.453,36 € (Wert 2012) = 537,78 € p.m.
Dieser Betrag gilt, wenn innerhalb eines Kalenderjahres keine weitere Erwerbstätigkeit ausgeübt wird und auch keine der im folgenden Absatz genannten Geldleistungen bezogen wird.
Versicherungsgrenze 2: 4.515,12 € (Wert 2012) = 376,26 € p.m.
Die Versicherungsgrenze 2 gilt, wenn im Beitragsjahr – auch nur kurzfristig
- eine weitere Erwerbstätigkeit ausgeübt oder
- eine Pension bzw. ein Ruhe-/Versorgungsgenuss,
- Kinderbetreuungsgeld oder
- eine Geldleistung aus der gesetzlichen Kranken-bzw. Arbeitslosenversicherung bezogen wird.
Achtung!Für Personen, die neben ihrer Tätigkeit als Neue Selbständige bereits dem GSVG unterliegen, besteht keine Versicherungsgrenze. Ihre Einkünfte aus selbständiger Arbeit werden mit den Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit zur Bildung der GSVG-Beitragsgrundlage zusammengezählt und sind daher in jedem Fall sozialversicherungspflichtig. Lediglich, wenn während einer bestimmten Zeit des Jahres ausschließlich Einkünfte als Neue/r Selbständige/r zufließen, besteht für diese Zeit keine Pflichtversicherung, wenn die Gesamteinkünfte dividiert durch die Monate der Erwerbstätigkeit die Versicherungsgrenze von 376,26 € monatlich (Wert 2012) nicht überschreiten.
Dh. die Tätigkeit als Neue/r Selbständige/r muss vor oder nach der gewerblichen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit ausgeübt werden. Der Betrag der Versicherungsgrenze 2 entspricht dem Zwölffachen der monatlichen ASVG-Geringfügigkeitsgrenze – diese beträgt für das Jahr 2012 376,26 €.
Wenn diese Grenze überschritten wird, kommt es seit dem Jahr 2001 zur Mehrfachversicherung.Die Summe der zu entrichtenden Beträge übersteigt jedoch niemals den Höchstbeitrag der Höchstbeitragsgrundlage von 4.935 € pro Monat (Wert 2012).
Achtung! Die Mehrfachversicherung tritt auch schon bei kurzfristigen Tätigkeiten oder sonstigem vorübergehenden Leistungsbezug in Kraft, wobei die GSVG-Versicherung ohne Unterbrechung für das ganze Jahr gilt. Das ist ein Vorteil für wenig Verdienende, die trotzdem versichert sein wollen.
Wichtig! Wer die Grenze von 6.453,36 € (Wert 2012) mit seinen Jahreseinkünften aus ausschließlich selbständiger Arbeit nicht erreicht und trotzdem versichert sein möchte, hat folgende Möglichkeiten:
- Opting-in durch freiwillige Kranken- und Unfallversicherung (für die Pensionsversicherung nicht möglich)
- Abgabe einer Versicherungserklärung mit einer über dieser Grenze liegenden Einkommensprognose
Achtung, wenn Grenzen im Laufe des Jahres doch überschritten werden!
Bei Eintritt der Voraussetzungen (= Überschreiten der jeweils zutreffenden Versicherungsgrenze) für die Pflichtversicherung hat die Anmeldung bei der SVA binnen einem Monat zu erfolgen.
- Sofortiger Versicherungsschutz erfolgt durch Abgabe einer Erklärung an die SVA, in der mitgeteilt wird, dass die Einkünfte die jeweils zutreffende Versicherungsgrenze voraussichtlich übersteigen.
- Der Versicherungsschutz bleibt auch dann aufrecht, wenn die tatsächlichen Einkünfte unter der Versicherungsgrenze liegen sollten.
Achtung! Erfolgt keine oder eine negative Erfolgsprognose, wird die Versicherungspflicht im Nachhinein anhand der im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte überprüft. Wird eine rechtzeitige Meldung bei der SVA verabsäumt und werden die SV-Grenzen laut Einkommensteuerbescheid überschritten, wird ein Strafzuschlag in der Höhe von 9,3 % auf die zu zahlenden Beiträge berechnet. Der Spielraum für die Meldung bei der SVA oder deren Korrektur erstreckt sich bis zum Vorliegen des jeweiligen Einkommensteuerbescheides. Wenn die jeweils zutreffende Versicherungsgrenze überschritten wurde, müssen die Beiträge incl. einem 9,3 %igen „Straf“zuschlag rückwirkend bezahlt werden.Ein rückwirkender Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung besteht in diesem Fall jedoch nicht. zurück
Autorin / Kontakt:
Mag. Monika Manzl
Betriebswirtin / Certified Management Consultant (CMC)Akkr. Wirtschaftstrainerin (AWT/CCT) / Wirtschaftscoach
Allg. beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige
Zertifizierter Credit Rating Advisor
Manzl Consulting Ges.m.b.H. & Co. KG
A - 6300 Wörgl
Clemens-Payr-Straße 6A
6020 Innsbruck
Rehgasse 23
Tel. : +43 (0)676 / 9429380
E-Mail: monika.manzl@manzl-consulting.com
www.manzl-consulting.com
Diese Zusammenstellung wurde mit aller gebotenen Sorgfalt erstellt. Leider ändern sich gesetzliche Bestimmungen heute oft rasch und manchmal auch unvermutet oder Höchstgerichte interpretieren Bestimmungen überraschend in neuer Weise. Die Autorin kann daher keine Haftung für die in diesen Artikeln enthaltenen Informationen geben. Copyright © by Manzl Consulting - Nachdruck, Vervielfältigung und Verbreitung jeglicher Art nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin erlaubt.
Literaturquellen und Links:
Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis, von Mayrhofer, Karl – Verlag Weiss
Werkverträge & atypische Dienstverträge, von Engelbrecht/Gruber/Risak – Verlag Manz
Steuersparbuch 2008/2009, von Müller, Eduard – Linde Verlag
Informationen für Kunstschaffende, von der SVA
KSV-Info, von der IG Bildende Kunst
Die Besteuerung international tätiger Künstler und Künstlerbetriebe, von Kalteis, Brigitte Orac Verlag
Die neuen Arbeitsformen. Standardbeschäftigte und Atypische. Das Wichtigste aus Sozial- und Arbeitsrecht, kostenlose Broschüre der AK, Mai 2011
Mag. Monika Manzl
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Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis, von Mayrhofer, Karl – Verlag Weiss
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Steuersparbuch 2008/2009, von Müller, Eduard – Linde Verlag
Informationen für Kunstschaffende, von der SVA
KSV-Info, von der IG Bildende Kunst
Die Besteuerung international tätiger Künstler und Künstlerbetriebe, von Kalteis, Brigitte Orac Verlag
Die neuen Arbeitsformen. Standardbeschäftigte und Atypische. Das Wichtigste aus Sozial- und Arbeitsrecht, kostenlose Broschüre der AK, Mai 2011