Abzugsteuer
Die AusländerInnen-Abzugsteuer stellt für viele kleine Kulturbetriebe, die KünstlerInnen aus dem Ausland engagieren, eine große Herausforderung dar. Die Rechtslage ist komplex und die praktische Umsetzung ohne Beratung durch ExpertInnen oft nicht bewältigbar. Trotzdem ist es sehr ratsam, sich aktiv mit der Thematik zu befassen, da der/die KulturveranstalterIn für die Abgabe der Steuer haftet. Mit dem entsprechenden Know how lässt sich unter Umständen die Steuerpflicht auch vermeiden.
Der folgende Info-Text soll einen Überblick über die mit der Abzugsteuer verbundenen Rechte und Pflichten der KulturveranstalterInnen geben. Bei komplexeren Fragestellungen empfiehlt sich jedenfalls eine Nachfrage bei SteuerexpertInnen und/oder beim zuständigen Finanzamt.
Was ist die Abzugsteuer gemäß § 99 EStG?
Bei der Abzugsteuer handelt es sich um eine Erhebungsform der Einkommensteuer für Personen, die nicht in Österreich ansässig sind, hier aber Einkünfte erzielen (z.B. in Form einer Gage für ein Konzert). Nachdem es für den österreichischen Staat schwierig wäre, die Einkommensteuer von nicht greifbaren Personen einzutreiben, delegiert er die Einhebung der Steuern an die KulturveranstalterInnen bzw. AuftraggeberInnen. ACHTUNG: Unterlässt der/die VeranstalterIn den Einbehalt und die Abgabe der Abzugsteuer, so haftet er/sie für den Steuerbetrag.
Unter welchen Bedingungen kommt es zum Steuerabzug nach § 99 EStG?
a) Bei beschränkter Steuerpflicht in Österreich: Beschränkt steuerpflichtig sind Personen, die in Österreich keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Der gewöhnliche Aufenthalt ist dort, wo man sich mehr als sechs Monate (183 Tage) im Jahr aufhält. Das Kriterium ist also der Wohnsitz und nicht die Staatsbürgerschaft.
b) Bei einer Tätigkeit oder Verwertung der Tätigkeit in Österreich: Der Abzugssteuer unterliegen Einkünfte von beschränkt steuerpflichtigen Personen aus in Österreich ausgeübter oder verwerteter Tätigkeit als:
- SchriftstellerIn (z.B. auch literarische Katalogtexte; keine Besteuerung für wissenschaftliche und journalistische Texte, Übersetzungen sowie für Werbetexte)
- VortragendeR (z.B. Referate, Festreden etc.)
- KünstlerIn (z.B. Konzertauftritt etc.; keine Steuerpflicht für die einmalige Präsentation einer künstlerischen Arbeit durch den/die KünstlerIn sowie für die einmalige Führung des/der KünstlerIn durch die Ausstellung)
- ArchitektIn
- SportlerIn oder ArtistIn
- MitwirkendeR an Unterhaltungsdarbietungen (z.B. RegisseurInnen, Bühnen- und MaskenbildnerInnen, Licht- und TontechnikerInnen, etc.)
In Bezug auf die Steuerpflicht ist es gleichgültig, ob Einkünfte aus selbständiger, nicht selbständiger oder gewerblicher Tätigkeit erzielt werden. Der Besteuerung unterliegen auch Einkünfte aus der Überlassung von Rechten. Zum Beispiel: eine Sängerin erhält von einem Veranstalter Honorare für ein Konzert sowie für Vergütungen für die Verwertung des Konzertmitschnitts. Beides unterliegt der Abzugsteuerpflicht.
Auch bei Zwischenschaltung von Gesellschaften (z.B. Agenturen) fällt in der Regel die Abzugsteuer an, da die Steuerpflicht unabhängig davon besteht, an wen die Vergütung geleistet wird. Der sogenannte „Künstlerdurchgriff“ ermöglicht es dem Staat, in dem der Auftritt erfolgt, selbst dann einen Steuerabzug vorzunehmen, wenn der/die KünstlerIn sein/ihr Honorar über eine ausländische Agentur enthält und er/sie selbst gar nicht VertragspartnerIn des/der österreichischen VeranstalterIn ist.
Was versteht man unter dem „Bagatellerlass“?
Vom Einbehalt der Abzugsteuer kann aus Vereinfachungsgründen abgesehen werden, wenn das Honorar so niedrig ist, dass im Fall einer nachträglichen Steuererklärung (Antragsveranlagung) in Österreich voraussichtlich keine Einkommensteuer zu bezahlen wäre.
Als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Bagatellerlasses gelten folgende Bestimmungen – die Honorare von natürlichen Personen aus selbständiger Tätigkeit dürfen folgende Grenzen nicht überschreiten:
- 1.000 Euro pro Veranstaltung (und beim selben Veranstalter pro Jahr)
- 2.000 Euro Gesamthonorar im Kalenderjahr in Österreich
Alle Kriterien müssen zutreffen! Als Bemessungsgrundlage werden in diesem Fall die reinen Honorarkosten ohne Umsatzsteuer und ohne Spesen herangezogen.
Was müssen VeranstalterInnen dabei beachten?
Liegen die Honorare unter den Bagatellgrenzen, müssen die VeranstalterInnen noch weitere Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Befreiung erfüllen. Sie müssen folgende Dokumentationen einholen und sieben Jahre aufbewahren:
- eine von dem/der HonorarempfängerIn unterzeichnete schriftliche Erklärung, dass er/sie in Österreich im Kalenderjahr insgesamt nicht mehr als 2.000 Euro verdient
- Nachweis der Identität des/der KünstlerIn (Kopie des Reisepasses)
- Angaben über Wohnort und Adresse des/der KünstlerIn (Steuerwohnsitz)
Bei Gruppen, die als Personengesellschaften organisiert sind, müssen diese Unterlagen von jeder Person aufbewahrt werden. Bei Körperschaften (Verein, GmbH etc.) ist eine Erklärung erforderlich, dass kein körperschaftssteuerpflichtiges Einkommen in Österreich erzielt wird (darauf wird hier nicht näher eingegangen).
Ist der Bagatellerlass immer anwendbar?
Nein, in den folgenden Fällen ist die Vereinfachungsmaßnahme nicht anwendbar:
- für MusikerInnen und Musikgruppen, die bei Tanzveranstaltungen auftreten (z.B. im Rahmen von Ballveranstaltungen, Zeltfesten, Raves, Clubbings etc.) oder
- wenn die/der beschränkt Steuerpflichtige eine für den/die VeranstalterIn erkennbar unrichtige Erklärung abgegeben hat (z.B. wenn bekannt ist, dass der/die KünstlerIn noch bei vielen anderen VeranstalterInnen in Österreich auftritt und die Steuergrenze von 2.000 Euro wahrscheinlich überschreiten wird, empfiehlt es sich, die Abzugssteuer einzubehalten).
Was ist zu tun, wenn eine steuerpflichtige Tätigkeit vorliegt und die Voraussetzungen für den Bagatellerlass nicht gegeben sind?
Wenn nach österreichischem Recht eine abzugsteuerpflichtige Tätigkeit vorliegt und die Honorargrenzen für den Bagatellerlass überschritten werden, kann das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geprüft werden. Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und über 50 anderen Staaten verhindern, dass Einkünfte doppelt besteuert werden. Einige DBA sehen eine Befreiung von der Abzugspflicht vor. Daher ist zunächst zu klären, in welchem Staat der/die HonorarempfängerIn steuerlich ansässig ist, und dann ist das DBA Österreichs mit diesem Land zu prüfen.
Auf der Seite des Bundesministeriums für Finanzen sind die DBA Österreichs mit anderen Staaten abrufbar.
ACHTUNG: Selbst wenn das DBA eine Befreiung von der Abzugspflicht vorsieht, gibt es für den/die VeranstalterIn die Verpflichtung nachzuweisen, dass dieses DBA überhaupt anwendbar ist. Dafür muss ein Formular ausgefüllt und von dem/der KünstlerIn unterzeichnet werden. Dieses gilt als Bestätigung, dass der/die HonorarempfängerIn in dem Staat steuerlich ansässig ist, dessen DBA zur Anwendung kommen soll. Das betreffende Formular für natürliche Personen ZS-QU1 und das Formular für juristische Personen ZS-QU2 gibt es auf der Seite des Bundesministeriums für Finanzen zum Downloaden.
Wenn das Jahreshonorar des/der KünstlerIn nicht mehr als 10.000 Euro beträgt, kann er/sie selbst die Ansässigkeit bestätigen. Wenn die Jahreseinkünfte diese Grenze überschreiten, braucht es die Bestätigung vom Heimatfinanzamt des/der HonorarempfängerIn.
Der/die KünstlerIn muss nicht für jeden Auslandsauftritt eine neue Ansässigkeitsbestätigung vorlegen. Es genügt, wenn die Bescheinigung nicht älter als ein Jahr ist (bezogen auf den Zeitpunkt der Mitwirkung an der inländischen Unterhaltungsdarbietung).
Es ist zu empfehlen, schon im Vertrag mit dem/der engagierten KünstlerIn festzulegen, dass er/sie sich verpflichtet, das Formular unterzeichnet vorzulegen, andernfalls vom Honorar 20% Abzugssteuer einbehalten werden.
Ergänzungen zu den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
In den meisten DBA wird die Abzugspflicht auf auftretende KünstlerInnen beschränkt. Aber selbst wenn für Mitwirkende an Unterhaltungsdarbietungen (TechnikerInnen etc. – siehe oben) keine Abzugssteuerpflicht besteht, ist dennoch eine Ansässigkeitsbescheinigung notwendig (Formular ZS-A). Es könnte nämlich sein, dass die Person in einem Land ansässig ist, mit dem Österreich kein DBA abgeschlossen hat, was jedenfalls eine Abzugssteuerpflicht zur Folge hätte (sofern das Honorar die Bagatellgrenzen überschreitet).
Da es in vielen DBA auch Ausnahmeregelungen für auftretende KünstlerInnen gibt (z.B. wenn der andere Staat den Aufenthalt des/der KünstlerIn in Österreich finanziert), sollte das DBA immer einer Prüfung (wenn nötig durch eineN ExpertIn) unterzogen werden.
Der für die Einbehaltung der Abzugssteuer haftende inländische Veranstalter ist nach derzeit geltendem Recht dazu berechtigt, aber abgabenrechtlich nicht verpflichtet, allfällige Steuerentlastungsvorschriften von DBA bei der Auszahlung der Honorare zu berücksichtigen. Der/die VeranstalterIn darf also die Abzugssteuer, für die er/sie haftet, immer einbehalten und es dem/der KünstlerIn überlassen, die Rückerstattung zu beantragen. Der/die VeranstalterIn kann aber auch den Steuerabzug unterlassen, wenn laut DBA Österreich kein Besteuerungsrecht hat. In dem Fall trägt der/die VeranstalterIn aber die Verantwortung dafür, dass er/sie in der Lage ist, das Vorliegen der abkommensgemäßen Entlastungsvoraussetzungen nachzuweisen (siehe oben).
Wer ist für die Einbehaltung und die Abfuhr der Abzugsteuer verantwortlich?
Wenn nach all diesen Prüfschritten keine Ausnahme greift, muss die Abzugsteuer in Österreich bezahlt werden. Der/die inländische VeranstalterIn ist verpflichtet, die Abzugssteuer einzubehalten und bis zum 15. des Folgemonats an das zuständige Finanzamt mit gesonderter Steuererklärung (Formular E 19) abzuführen. Sind Steuerabzüge für mehrere beschränkt steuerpflichtige Personen vorgenommen worden, ist der Gesamtbetrag in einer Summe ohne Bezeichnung der einzelnen KünstlerInnen abzuführen.
Wie wird die Abzugsteuer berechnet?
Grundsätzlich kann zwischen der Brutto- und der Nettobesteuerung gewählt werden.
Die Bruttobesteuerung
Bei der Bruttobesteuerung werden neben dem Honorar alle Kostensätze und Sachbezüge (z.B. Hotel-, Verpflegungs- und Reisekosten) in die Bemessungsgrundlage für die Abzugssteuer einbezogen. Die Abzugssteuer beträgt 20 % des Honorars einschließlich aller Spesen, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Spesen direkt von dem/der VeranstalterIn bezahlt oder dem/der KünstlerIn ausbezahlt werden. Der/die VeranstalterIn haftet den Finanzbehörden gegenüber für die tatsächliche Zahlung der Abzugssteuer, die Steuerpflicht trifft jedoch den/die KünstlerIn. Es ist daher wichtig, eine klare Vereinbarung über die Gagenhöhe und allfällige Steuern zu treffen.
Beispiel:
Eine Kulturinitiative vereinbart mit einem Musiker für einen Auftritt ein Honorar von 1.000 Euro und erstattet Reise- und Übernachtungskosten in der Höhe von 500 Euro.
Honorar: 1.000 Euro
Spesen: 500 Euro
Bemessungsgrundlage: 1.500 Euro
20% Abzugssteuer: 300 Euro
Auszahlungsbetrag a. d. Musiker: 1.200 Euro
Übernimmt die Kulturinitiative die Abzugssteuer zugunsten des Musikers, so muss dieser Betrag als weiterer Vorteil den Einnahmen des Künstlers hinzugerechnet werden. In dem Fall erhöht sich der Steuersatz für die Abzugsteuer auf 25%. Bei unserem vorigen Beispiel hieße das: sollen dem Musiker tatsächlich 1.500 Euro bezahlt werden, dann vereinbart die Kulturinitiative mit ihm ein Honorar inkl. Spesen und Abzugsteuer.
Honorar: 1.000 Euro
Spesen: 500 Euro
Gesamt: 1.500 Euro
25% Abzugsteuer: 375 Euro
Bruttohonorar: 1.875 Euro Kontrollrechnung:
Abzugssteuer 20 % vom Bruttohonorar = 375,00 Euro
Abzuführende Abzugsteuer: 375 Euro
Auszahlungsbetrag an den Musiker: 1.500 Euro
Die Nettobesteuerung
Bei der Nettobesteuerung können die unmittelbar mit den Einnahmen in Zusammenhang stehenden Kosten abgezogen werden (Betriebsausgaben, Werbungskosten, Reisekosten, Spesen). Der Steuersatz beträgt in dem Fall 35% des Honorars bei natürlichen Personen und 25% bei juristischen Personen (siehe Formular E 19).
Beispiel:
Das vereinbarte Honorar mit unserem Musiker beträgt ohne Spesen 1.000 Euro und bildet zugleich die Bemessungsgrundlage.
35% Abzugsteuer (von 1.000 Euro) betragen 350 Euro
Die Nettobesteuerung kann aber nur unter folgenden Voraussetzungen angewandt werden:
- Der/die KünstlerIn ist in der EU bzw. innerhalb des EWR-Raumes ansässig
- dem/der Kulturveranstalter in Österreich werden die Kosten vorab schriftlich mitgeteilt
Die Nettobesteuerung wird hier mehr der Vollständigkeit halber erwähnt. Da die Berechnung noch komplizierter ist und das Haftungsrisiko bei dem/der VeranstalterIn bleibt, ist es ratsam, die Bruttobesteuerung vorzuziehen, also die Abzugsteuer vom vollen Honorar einzubehalten und den/die KünstlerIn auf die Möglichkeit der freiwilligen Steuererklärung hinzuweisen.
Freiwillige Steuererklärung
Wird Abzugssteuer einbehalten, dann ist die Steuerpflicht für den/die im Ausland ansässige KünstlerIn in Österreich erfüllt. Die Abzugssteuer ist ein fixer und kein progressiver Steuersatz, d.h. auch wenn der/die KünstlerIn ein sehr hohes Einkommen in Österreich hätte, fällt keine weitere Einkommensteuer an.
Der/die KünstlerIn kann eine freiwillige Steuererklärung (Antragsveranlagung) machen (Formular ZS-RD1). Ergibt sich nach „normalem“ Steuertarif weniger als die einbehaltene Abzugsteuer, kommt es zu einer Gutschrift. Es ist dabei aber zu beachten, dass die Steuerfreigrenze für beschränkt Steuerpflichtige in Österreich bei 2.000 Euro pro Jahr liegt (und nicht wie sonst bei 11.000 Euro).
Zusammenfassend: Prüfung ob Abzugsteuerpflicht besteht oder nicht
Die folgende Prüfreihenfolge soll KulturveranstalterInnen bzw. AuftraggeberInnen dienen, um festzustellen, ob Abzugsteuerpflicht besteht oder nicht:
1) Ist die Person/Gesellschaft SteuerausländerIn?
2) Liegt eine Tätigkeit vor, die der Abzugsteuer unterliegt?
3) Ist der Bagatellerlass anwendbar?
4) Prüfung des Doppelbesteuerungsabkommens > ggf. Einheben und Abführen der Abzugsteuer bis zum 15. des Folgemonats
5) Österreich hat mit dem betreffenden Staat kein DBA abgeschlossen > Abzugsteuer ist jedenfalls fällig > bis zum 15. des Folgemonats an das Finanzamt abführen.
Links
Doppelbesteuerung auf BMF Österreich
Vorlagen Bagatellerlass
Erklärung KünstlerIn
Vorlage - deutsch
Vorlage - englisch
Downloads Formulare
Formular E 19
Mitteilung über den Steuerabzug von beschränkt Steuerpflichtigen
Formular ZS-QU1
Erklärung natürl. Personen für Zwecke der DBA-Quellensteuerentlastung
Formular ZS-QU2
Erklärung jurist. Personen für Zwecke der DBA-Quellensteuerentlastung
Doppelbesteuerung auf BMF Österreich
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Erklärung KünstlerIn
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Mitteilung über den Steuerabzug von beschränkt Steuerpflichtigen
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