Literatur- und Webtipps Kulturvermittlung*
GRUNDLAGEN
Fuchs, Max: Kulturelle Bildung. Grundlagen – Praxis – Politik. München: kopaed 2008.
Max Fuchs ist Direktor der Akademie Remscheid und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit kultureller Bildung und Kulturvermittlung. In dem Buch untersucht er – basierend auf einer differenzierten (auch historischen) Auseinandersetzung mit (europäischen) Bildungs- und Kulturbegriffen sowie deren Zusammenwirken und Einbettung in spezifische Machtkonstellationen – gegenwärtige Tendenzen und Problematiken kultureller Bildung. Bei aller Komplexität des dargestellten Themengebiets stellt der Band einen guten Überblick über und Einstieg in das weite Feld Kulturvermittlung und kulturelle Bildung dar. (am)
Zacharias, Wolfgang: Kulturpädagogik. Kulturelle Jugendbildung. Eine Einführung. Opladen: Leske + Budrich 2001.
Wolfgang Zacharias erklärt in seinem Buch die Entstehung der neuen Kulturpädagogik, ihre Inhalte und wünschenswerte Entwicklungen. Es werden sowohl theoretische Aspekte erläutert, als auch Kulturpädagogik als praktische Disziplin analysiert. Grafiken und klare Strukturierung machen das Buch informativ und verständlich. Darüber hinaus vermittelt Wolfgang Zacharias aber auch teilweise schwer verständliche und etwas beliebige und ungenaue Ansichten, beispielsweise wenn er von der Kulturpädagogik als “Akteur im großen Spiel um Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft” spricht. (vm)
Putz-Plecko, Barbara/Wimmer, Michael: Schule als kulturelles Zentrum. Aus dem 2. Zwischenbericht der ExpertInnen-Kommission für Unterricht, Kunst und Kultur, Jänner 2008.
Diese Studie gibt einen guten und strukturierten Überblick über die aktuellsten Erkenntnisse über kulturelle Bildung in der Schule in Österreich. Die beiden Autoren, selbst Lehrer, stellen auch spezifische Wünsche und Vorstellungen verschiedener beteiligter Gruppen, z.B. LehrerInnen, SchülerInnen, Eltern, PolitikerInnen oder KünstlerInnen, dar. Einige Beispiele dafür wären: die Repositionierung von Schule als offenes Lernzentrum, die Zusammenarbeit mit außerschulischen Institutionen, flexibleres Zeitmanagement oder eine Anerkennung ihres Engagements über die Schule hinaus. (aj)
Schnittpunkt/Jaschke, Beatrice/Martinz-Turek, Charlotte/Sternfeld, Nora (Hg.): Wer spricht? Autorität und Autorschaft in Ausstellungen. Wien: Turia + Kant 2005.
Dieser Sammelband, der in der Schriftenreihe “ausstellungstheorie & praxis” herausgegeben wurde, ist in die Kapitel Reflexionen, Präsentationen und Institutionen unterteilt. Es werden die Fragen “Wer bestimmt, was in Ausstellungen zur Sprache kommt, und was bleibt dabei unausgesprochen? Wie wird gesprochen?” genauer reflektiert. Andreas Spiegl zum Beispiel veranschaulicht in “Telefonate mit Bildern und Bildtelefone” einen umfassenden Überblick darüber, wie in Museen auf unterschiedliche Art und Weise gesprochen werden kann. Kataloge, Texte an Wänden, die klassische Führung sowie auch Audioguides werden erwähnt, mit all ihren Vor- und Nachteilen. Interessant ist auch der Beitrag “Simultan” von Charlotte Martinz-Turek. Sie geht näher auf die Gebärdensprache ein und fordert schlussendlich ein “Gehör” für Gehörlose. Es werden auch einige Museen (z.B. das Kindermuseum im Wiener Museumsquartier, das Jüdische Museum Wien etc.) mit wissenswerten Details vorgestellt. Dieser Sammelband ist sehr gelungen, da die Beiträge nicht zu theoretisch und somit leicht verständlich sind. (aha)
Gülec, Ayse/Hummel, Claudia/Mörsch, Carmen/Parzefall u.a. (Hg.): Kunstvermittlung 1: Arbeit mit dem Publikum, Öffnung der Institution. Zürich: diaphanes 2009.
Mörsch, Carmen/Forschungsteam der documenta 12 (Hg.): Kunstvermittlung 2. Zwischen kritischer Praxis und Dienstleistung auf der documenta 12. Ergebnisse eines Forschungsprojektes. Zürich: diaphanes 2009.
Die KuratorInnen der documenta 12 (2007), Roger M. Buergel und Ruth Noack, erhoben die Frage nach der Bildungsfunktion von Kunst in den Stand kuratorischer Auseinandersetzung. Erstmals in der Geschichte der documenta wurde dem Bereich der Kunstvermittlung zentraler Stellenwert zuerkannt, erstmals gab es ein groß angelegtes wissenschaftliches Projekt, das die Vermittlungskonzepte und -tätigkeiten auf der documenta begleitete und analysierte. Die Vermittlungspraktiken waren als selbstreflexive kritische Praxis angelegt, d.h. es wurden – abseits gängiger affirmativer oder reproduktiver Diskurse bzw. Formate und basierend auf postkolonialer und queerer Theoriebildung – Ausstellung und Institution kritisch befragt und als Ort “alternativen” Wissens und Lernens etabliert. Mit dem Kunstvermittlungsprogramm wurde u.a. angestrebt, so dessen LeiterInnen Ulrich Schötker und Carmen Mörsch, zur „Professionalisierung und Theoretisierung einer Kunstvermittlung im Zeichen von Dekonstruktion und Transformation“ beizutragen und die documenta zu einem „Experimentierfeld für die Kunstvermittlung“ zu verwandeln. Der Band Kunstvermittlung 1 bietet einen umfassenden Überblick über Vermittlungsformate und Modelle der documenta 12. Neben Textbeiträgen bieten Bildstrecken und eine DVD anschauliche, vertiefende Einblicke in die Praktiken. Der Band Kunstvermittlung 2 widmet sich der Selbstreflexion der Vermittlungspraktiken, präsentiert Methoden und erläutert ihre Hintergründe. Die in Band 1 vorgestellten Praxisbeispiele werden reflektiert und in den Fachdiskurs eingebettet. Beide Bände stellen eine ausgesprochen geglückte Theorie-Praxis-Verbindung dar und sind das Aktuellste und Spannendste, was es derzeit zu neuen Tendenzen und kritischen Praktiken im Feld der Kunst- und Kulturvermittlung gibt. Sehr empfehlenswert! (am)
S.-Sturm, Eva.: Im Engpass der Worte. Sprechen über moderne und zeitgenössische Kunst. Berlin: Reimer 1996.
Eva S.-Sturm beleuchtet unterschiedliche Aspekte des „Sprachraums Kunstmuseum“. Aus psychologischer und literaturtheoretischer Sicht analysiert sie häufig verbalisierte Sprachgesten des Kunstdiskurses. Sie erstellt eine Hierarchie der Diskursteilnehmenden und geht dabei besonders auf die autorisiert Sprechenden ein. Sie kombiniert Theorien von Foucault, Bourdieu und Lacan, um das Sprechen im Kunstraum möglichst vielschichtig zu behandeln.Die Autorin bietet interessante Zugangsweisen zum Thema Sprache im Kunstraum, die sie immer wieder mit Beispielen veranschaulicht. Die psychoanalytischen Erklärungen sind oft jedoch sehr theoretisch und erfordern ein aufmerksames Lesen. (ac)
Zembylas, Tasos: Kunst oder Nichtkunst. Über Bedingungen und Instanzen ästhetischer Beurteilung. Wien: WUV 1997.
Tasos Zembylas erschließt in diesem Buch sehr umfassend alle Faktoren, die einen Einfluss auf den Kunstbegriff nehmen: Er schildert u.a. die historische Entwicklung und Bedeutung von Kunst seit dem 18. Jahrhundert, eingebettet im sozialen Kontext. Weiters beschreibt er das Rechtsystem (einschließlich Zensur) in Bezug auf Kunstpraxen, den Kunstmarkt, Ausstellungssituationen (vor allem im Kunstmuseum), Kunstkritik, und gibt nicht zuletzt einen interessanten Einblick in das berufliche Tätigkeitsfeld von KünstlerInnen. Äußerst empfehlenswert und informativ – gehört zur Grundausstattung für alle, die sich für Kunst (und deren Vermittlung) interessieren. (ac)
VERTIEFENDE LITERATUR
Reeh, Ute: Schulkunst. Kunst verändert Schule. Weinheim und Basel: Beltz Verlag 2008.
Ute Reeh, Schulkünstlerin an einer Gesamtschule in Düsseldorf, beschreibt in diesem Buch vor allem Projekte, die sie selbst mit Kindern durchgeführt hat. Außerdem hat sie Anleitungen für interessierte LehrerInnen beigefügt, ebenso ausreichend Bildmaterial. In dem ausführlichen Vorwort erklärt sie ihren persönlichen Standpunkt zum Thema kulturelle Bildung in der Schule und führt den/die LeserIn sehr gut in die Thematik ein. Interviews mit beteiligten LehrerInnen, SchülerInnen usw. runden das Buch ab. (aj)
Schneider, Wolfgang (Hg.): Theater und Schule. Ein Handbuch zur kulturellen Bildung. Bielefeld: transcript 2009.
Dieses Buch bietet eine reiche Auswahl an Texten von verschiedenen AutorInnen, die die Beziehungen zwischen Theater, Schule und kultureller Bildung im weiteren Sinne beleuchten. Einige Beiträge behandeln die Möglichkeiten, die Theaterpädagogik in verschiedenen Schultypen bildet. Zudem wird die Frage, was Schule und Theater voneinander zu erwarten haben, erörtert. Besonders interessant sind die Kapitel zur Interpretation zeitgenössischer beziehungsweise älterer Werke im Unterricht. So befasst sich der Beitrag von Henning Fangauf beispielsweise unter dem treffenden Titel “Es muss nicht immer Schiller sein” mit der Bearbeitung zeitgenössischer Jugenddramen im Unterricht, während ein anderer Autor vorschlägt “Shakespeare zu probieren”, also mit Jugendlichen veraltet anmutendes Material neu zu interpretieren. Außerdem behandeln einige Beiträge verwirklichte Theaterprojekte an Schulen in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden und ermöglichen einen guten Einblick in das Thema Theater und Schule in gegenwärtigen Schulsystemen. (vm)
Bergala, Alain: Kino als Kunst. Filmvermittlung an der Schule und anderswo, Schüren-Verlag GmbH, Marburg 2006.
Alain Bergala leitete das 2000 von Jacques Lang ins Leben gerufene französische Schulfilmprojekt „Le cinéma à l’école“, in dessen Rahmen er auch eine DVD-Reihe entwickelt hat. In diesem Buch versucht er, dem/der LeserIn genau diese Erkenntnisse näher zu bringen und erläutert anhand von Beispielen, welche Filme seiner Meinung nach besonders für welche Altersstufe geeignet sind und wie sie im Unterricht behandelt werden können. Außerdem geht er den Fragen nach, wie Kino als Kunstform unterrichtet werden kann bzw. was das Spezifische dieses Mediums in Abgrenzung zu anderen Künsten und audiovisuellen Medien ist. Kinder sollen von klein auf für Film begeistert werden, um sich zu einem kompetenten und kritischen Publikum zu entwickeln. (aj)
Boal, Augusto: Theater der Unterdrückten Übung und Spiele für Schauspieler und Nichtschauspieler. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1989.
Das in Brasilien entwickelte Theater der Unterdrückten war eine Kritik am didaktischen Theater und an den Machtkonstellationen passive ZuschauerIn versus aktive SchauspielerIn, aber auch eine Kritik an importiertem Theater aus Europa und USA. Nach Boal sollten alle gemeinsam ihre Themen darstellen und dabei lernen, erfinden, entdecken und entscheiden. Um “der Wahrheit auf die Spur zu kommen” hat er verschiedene Techniken entwickelt. Als wichtige Techniken des Theaters der Unterdrückten sind Zeitungstheater, Statuentheater, Forumtheater und Unsichtbares Theater zu erwähnen. Ein großer Teil des Buches, in dem auf die genannten Techniken eingegangen wird, stellt eine dichte Wiedergabe an Theaterbeispielen dar. Der Autor beschreibt die Szenen, die Absicht, seine Erfahrungen mit den TeilnehmerInnen und die politische Lage in dem die Szenen entstehen. In der Einleitung wird auf die Anfänge des Theaters der Unterdrückten – die mit dem Teatro de Arena in Brasilien, das Boal von 1956-1971 geleitet hat, verbunden sind – und auf die soziale und politische Situation in Brasilien eingegangen. Im zweiten Kapitel verdeutlicht Boal, wie Unterdrückung in Europa ausschaut und mit welchen Mittel er entgegenwirkte. Im Kapitel drei ist ein Seminarprotokoll samt Fotos aus dem Jahr 1978 zu finden, und im Anschluss daran ein Interview, das Henry Thorau mit Boal führte. Das Buch schließt er mit einem Übungskapitel ab, in dem Übungen von warm-up über, Sensibilisierungs-, Körperausdruck- und Körperkontaktübungen bis zu cool down und Kinderspielen beschrieben sind. (jh, se.s)
WEBSITES
KulturKontakt Austria unterstützt professionelle Kulturvermittlung im schulischen Bereich in Österreich. Der Bereich Kulturvermittlung ist im Zuge der Integration der Vereine ÖKS-Österreichischer Kultur-Service und Büro für Kulturvermittlung in KulturKontakt Austria im Jänner 2004 entstanden. (am) www.kulturkontakt.or.at
Die Tiroler Kulturservicestelle (TKS) ist eine Abteilung des Landeschulrats für Tirol, die ihre Aufgabe in der Förderung der Begegnung mit Kulturschaffenden im Rahmen des Unterrichts sieht. (am)
www.lsr-t.gv.at --> Kulturservice
Österreichischer Verband der KulturvermittlerInnen im Museums- und Ausstellungswesen: Die Aktivitäten des Verbands haben die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von angestellten und freiberuflich tätigen KulturvermittlerInnen, den Erfahrungsaustausch innerhalb der Berufsgruppe und die Informationsvermittlung zwischen AnbieterInnen und KundInnen zum Schwerpunkt. Der Verband agiert österreichweit. (am) www.kulturvermittlerinnen.at
Das Büro trafo.k in Wien arbeitet an Forschungs- und Vermittlungsprojekten an der Schnittstelle von Bildung und Wissensproduktion.(am) www.trafo-k.at
schnittpunkt.ausstellungstheorie & praxis, (Wien) versteht sich als offenes, transnationales Netzwerk für AkteurInnen sowie Interessierte des Ausstellungs- und Museumsfeldes. (am) www.schnitt.org
salon kulturvermittlung Eine virtuelle Diskussion zu theoretischen Grundlagen der Kulturvermittlung in Österreich. salon kulturvermittlung begibt sich auf Spurensuche in den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen und möchte Wurzeln der Kulturvermittlung freilegen, dokumentieren und verhandeln. Einmal pro Monat erscheint ein Artikel von einer eingeladenen Autorin /einem eingeladenen Autor. www.salon-kulturvermittlung.at
Rath & Winkler. Projekte für Museum und Bildung, Innsbruck (ehemals KOM.M.A), arbeiten an der professionellen Gestaltung der Kommunikationsprozesse zwischen Museen/Austellungen und dem Publikum. (am) http://www.rath-winkler.at
Kunstvermittlung blog (vü)
http://kunstvermittlung.twoday.net
Kulturvermittlung Steiermark, unterstützt verschiedene Initiativen und Institutionen, organisiert auch eigene Projekte. (aha) www.kulturvermittlung.org
Kulturvermittlung Niederösterreich, gibt einen Überblick über verschiedene Vermittlungsangebote, liefert ein Verzeichnis div. Institutionen, sowie Linktipps für Förderungen pädagogischer Projekte, Allgemeines zur Bildung und Kulturvermittlung. (aha) www.kulturvermittlung.net
Schulkunst-BW, bietet viele Möglichkeiten, sich zum Thema Schulkunst allgemein, zu Projekten und organisatorischen Aspekten zu informieren und sich Anregungen zur täglichen Unterrichtspraxis zu holen. (vm) www.kultusportal-bw.de
* Die kommentierte Literatur- und Linkliste wurde im Rahmen der Lehrveranstaltung „Kulturkontakt konkret: Kulturvermittlung zwischen kultureller Bildung, Kulturmarketing und kritischer Praxis“, Leitung: Dr. Anita Moser (am), im Sommersemester 2010 an der Innsbrucker Vergleichenden Literaturwissenschaft verfasst. Mitwirkende Studentinnen: Alexandra Cordas (ac), Andrea Hackl (aha), Johanna Huter (jh), Anna Jenewein (aj), Valerie Meller (vm), Selda Sevgi (se.s), Valentina Überlacher (vü).
* Die kommentierte Literatur- und Linkliste wurde im Rahmen der Lehrveranstaltung „Kulturkontakt konkret: Kulturvermittlung zwischen kultureller Bildung, Kulturmarketing und kritischer Praxis“, Leitung: Dr. Anita Moser (am), im Sommersemester 2010 an der Innsbrucker Vergleichenden Literaturwissenschaft verfasst. Mitwirkende Studentinnen: Alexandra Cordas (ac), Andrea Hackl (aha), Johanna Huter (jh), Anna Jenewein (aj), Valerie Meller (vm), Selda Sevgi (se.s), Valentina Überlacher (vü).