45 Sekunden Kulturbudget
Eine Stunde und 21 Minuten dauerte die mit Spannung erwartete Budgetrede von Finanzminister Hartmut Löger am 21. März dieses Jahres. Gerade einmal 45 Sekunden davon hat er dem Kulturbudget 2018-2019 gewidmet.
Die Ausgaben des Bundes für Kunst und Kultur betragen weniger als 1 % seiner Gesamtausgaben. Daran sollte sich auch nach der Rede des Finanzministers nichts ändern. Zwar sind für 2018 rund 2,3 Millionen Euro mehr veranschlagt als für 2017, jedoch sind diese zusätzlichen Mittel vor allem als einmalige Ausgaben für das Gedenkjahr 2018 und für bauliche Maßnahmen vorgesehen. Das Kulturbudget 2019 ist wieder um 1,5 Millionen Euro kleiner, was bei einer Inflation von 2 % eine Kürzung gegenüber 2017 bedeutet.
In den 45 Sekunden seiner Rede zum Kulturbudget zitierte der Finanzminister jene Schlagworte, die eine inhaltliche Positionierung dieser Bundesregierung in Sachen Kulturförderung erkennen lassen: „Standortvorteil, Vergangenheit und kulturelles Erbe“. Die Kulturnation Österreich soll mit ihren touristisch relevanten Kulturgütern vor allem während der EU-Ratspräsidentschaft ins rechte Licht gerückt und der sich daraus ergebende Standortvorteil wirtschaftlich genutzt werden. Dementsprechend nehmen UNESCO-Kulturerbe und Denkmalschutz eine übergeordnete Position im Kulturbudget des Bundes ein. Kulturpolitische Priorität haben außerdem Vorhaben im Bereich der Bundeseinrichtungen: das Haus der Geschichte, die Neuaufstellung des Bundesdenkmalamtes, die Bundestheaterholding und die Bundesmuseen. Marketing-Sprech und ein nationalkonservativer Kulturbegriff prägen das Kapitel „Kunst und Kultur“ im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ. Wenig überraschend spiegelt sich dies auch in der Rede des Finanzministers zum Kulturbudget des Bundes wider.
Das kulturelle Erbe von morgen – also die zeitgenössische Kunst und die Zeitkultur – bleiben da wohl auf der Strecke. Und mit ihnen die Kunst- und Kulturschaffenden. Die vom Bund in Auftrag gegebene „Studie zur sozialen Lage der Künstler und Künstlerinnen in Österreich“ zeichnete bereits 2008 ein düsteres Bild: das Äquivalenzeinkommen von 37 % aller Kunstschaffenden lag im Referenzjahr unter der Armutsgefährdungsgrenze. 2018 soll die Studie aktualisiert werden, was noch auf eine Initiative des vorigen Kulturministers Thomas Drozda zurückgeht. Die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Kunst- und KulturarbeiterInnen ist darüber hinaus weder im Regierungsprogramm noch in der Budgetrede des Ministers ein Thema.
In der Praxis bedeutet dies zum Beispiel, dass Kulturschaffende, die im Herbst letzten Jahres um eine Projekt- oder Jahresförderung beim Bund angesucht haben, mangels Budgetbeschluss und Bereitschaft zu Akontierungen noch bis Ende Mai auf eine Zu- oder Absage warten müssen. Arbeitsbedingungen, die für kaum eine andere Berufsgruppe vorstellbar wären.
Links:
Ö1 Kulturjournal
Reaktionen auf die Budgetrede
21.3.2018
IG Kultur Österreich
Stagnation bis Erosion: Das neue Kunst- und Kulturbudget
IG Freie Theater
Destabilisierung der Freien Szene
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