PA der TKI | Macht Erfahrung klug?
Im Kulturbereich tätige Menschen haben in diesen Tagen ein Déjà-vu: genau wie vor einem Jahr steigen nun nach den weitreichenden Lockerungen der COVID-Maßnahmen vor dem Sommer die Infektionszahlen. Und wie vor einem Jahr besteht die erste Reaktion von Politik und Sicherheitsbehörden auf die steigenden Inzidenzen darin, Veranstaltungen einzuschränken. Aktuelles Beispiel ist Osttirol, wo seit einigen Tagen Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen neuerlich verboten sind. Kulturbetriebe sperren als Erste zu und als Letzte wieder auf – so kennen wir das seit nunmehr eineinhalb Jahren.
Das Problem dabei: Wir können diese Praxis nicht endlos fortsetzen, denn auf diese Weise wird der gesamte Kunst- und Kultursektor samt den zuarbeitenden Betrieben (Licht- und Tontechnik, Bühnenbau etc.) nachhaltig ruiniert. Und diese restriktiven und undifferenzierten Maßnahmen wären aus unserer Sicht auch nicht nötig, denn seit Beginn der Pandemie haben Kultureinrichtungen gezeigt, dass sie die Sicherheit des Publikums sehr ernst nehmen. Sie alle haben ausgefeilte und erprobte Sicherheitskonzepte erarbeitet und setzen diese penibel um. Kulturveranstaltungen sind hierzulande sicher, das ist mittlerweile erwiesen.
Das Problem aller bisherigen COVID-Verordnungen ist, dass sie nicht zwischen privaten Zusammenkünften (Festen, Hochzeiten, Geburtstagsfeiern etc.) und Veranstaltungen von Kultureinrichtungen unterscheiden, die professionell und nach strengen Präventionskonzepten abgewickelt werden. Für Kulturveranstaltungen ist der 3-G-Nachweis verpflichtend vorgeschrieben. Tickets werden oft personalisiert ausgestellt, was ein lückenloses Contact Tracing ermöglicht. Einige Veranstalter*innen haben freiwillig wieder eine Maskenpflicht im Publikum eingeführt. Es gibt klare Pläne, um die Besucher*innenströme zu regeln. Darüber hinaus werden alle allgemeinen Hygienemaßnahmen eingehalten und auch kontrolliert. All dies machen Kultureinrichtungen seit vielen Monaten mit großer Sorgfalt und Verständnis.
Wofür das Verständnis allerdings zunehmend fehlt, sind undifferenzierte Restriktionen über die Köpfe der Betroffenen hinweg und Hauruckaktionen, die mit den oft monatelangen Vorlaufzeiten von Kulturveranstaltungen oder Festivals nicht vereinbar sind. Auch hier zwei aktuelle Beispiele: die Einschränkung von Veranstaltungen in Osttirol wurde am 10. August gesetzlich geregelt, am 11. August trat sie in Kraft. Die aktuelle COVID-Verordnung des Bundes endet am 31. August, die Bestimmungen für Veranstaltungen laufen bereits mit 19. August aus. Bis heute gibt es keine Information und keine gesetzliche Grundlage für Veranstaltungen, die ab dem 20. August (also in zwei Tagen) stattfinden. Stellen Sie sich vor, sie veranstalten gerade ein internationales Festival…
Wir erwarten uns zeitnahe Informationen, unter welchen Voraussetzungen Kulturorganisationen veranstalten und arbeiten können. Aus unserer Sicht ist eine Einschränkung der Kapazitäten oder gar Schließungen von Kultureinrichtungen abzulehnen, wenn diese weiterhin die oben beschriebenen Sicherheitsmaßnahmen erfüllen – allen voran die Einhaltung der 3-G-Regel, Contact Tracing und gegebenenfalls Maskenpflicht in Innenräumen.
Wenn Politik ein lernendes System ist, wie in Zeiten der Pandemie öfters behauptet, dann muss aus den Erfahrungen gelernt und künftig behutsamer und differenzierter vorgegangen werden, um den Kunst- und Kultursektor vor weiteren Schäden zu bewahren.