COVID-19-Krise, Konjunkturpakete und Klimaschutz. Wann, wenn nicht jetzt?
COVID-19-Krise, Konjunkturpakete und Klimaschutz. Wann, wenn nicht jetzt?
Die aktuelle Situation rund um COVID-19 stellt uns alle vor große Herausforderungen. In dieser Krise musste und muss schnell gehandelt werden, schlicht weil unmittelbar Menschenleben auf dem Spiel stehen. Und weil wir Neuland betreten und verlässliche Daten (noch) rar sind, fahren alle Beteiligten, inklusive der politischen Entscheider*innen, auf Sicht. Um Risiken zu minimieren, wurden in beispielloser Art und Weise Wirtschaft und öffentliches Leben, samt Teilen der damit verbundenen Freiheitsrechte, eingeschränkt. Es galt und gilt das Credo: Better safe than sorry.Nun ist die COVID-19-Krise nicht die Klimakrise, letztere ist weit tiefgreifender und komplexer. Es geht nicht "nur" um eine Überlastung nationaler Gesundheitssysteme, sondern um nichts weniger als eine Überlastung und massive Transformation des Ökosystems Erde, unserer Lebensgrundlage. Und wir selbst, beziehungsweise die Art wie wir leben, sind die Ursache für diese Überlastung.
Die Entwicklungen der letzten Wochen haben aber eines aufgezeigt, und das ist eine gute Nachricht: Angesichts einer existentiellen Krise sind Gesellschaften offenbar gewillt und in der Lage, echte Konsequenzen zu ziehen, auch wenn sie kurz- und womöglich mittelfristig äußert unangenehm sind. Dass Krisen also immer auch Chancen sind, war nie zutreffender als hier und heute.
Die Rolle von Kunst und Kultur
Es ist jetzt Zeit zu handeln, alle Teile der Gesellschaft sind gefragt. Als Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen verstehen wir uns als wichtige Gruppe innerhalb der Gesellschaft. Die Herausforderungen in der Klimakrise sind weniger technologischer Natur. Diese sind ohne Frage groß, es gibt aber bereits vielfältige Lösungen. Die eigentliche Herausforderung ist die Gestaltung eines Wandels unserer politisch-ökonomischen Organisation und damit unserer Kultur. Ein Kulturwandel, nichts weniger als die Frage wie wir leben wollen (und können) steht im Zentrum. Kunst und Kultur als Felder des Nachdenkens, Experimentierens, der Darstellung, des Träumens, des Aufzeigens von Verbindungen, der Mitgestaltung einer neuen Erzählung und somit als prägender Teil des allgemeinen Diskurses sind immer weit mehr als nur nette Verzierung. Künstlerinnen und Künstler als wacher Bestandteil der Gesellschaft entwerfen Utopien und legen den Finger in die Wunde, ihre Arbeit ist essentiell, ganz besonders in Zeiten des Wandels.
In einem anderen gesellschaftlichen Bereich, dem der politisch Verantwortlichen, hat die COVID-19-Krise schnelle und weitreichende Entscheidungen verlangt. Hierzu gehören nicht zuletzt die umfangreichen finanziellen Unterstützungspakete für Wirtschaftstreibende, die aktuell auf verschiedenen Ebenen geschnürt werden. Diese werden die kommenden fünf bis zehn Jahre prägen und in dieser Form im genannten Zeitfenster einmalig bleiben. Gleichzeitig sind genau diese bevorstehenden Jahre absolut entscheidend, wollen wir unsere selbstgesteckten Ziele im Umgang mit der Klimakrise auch nur annähernd erreichen. Deshalb müssen diese Konjunkturpakete gleichzeitig auch Innovations- und Klimaschutzpakete sein. Nur so wird diese Krise zur Chance und nur so werden wir unserer gemeinsamen Verantwortung gerecht.
Die Tiroler Kulturszenen fordern die Landesregierung deshalb gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen dazu auf, die jetzt in Folge der COVID-19-Krise geplanten finanziellen Unterstützungen als Steuerungselemente einzusetzen, um die gesellschaftlich ausgehandelten Klimaziele zu erreichen und Tirol so fit für die Zukunft zu machen.
Dazu gehört auch, analog wie derzeit im Umgang mit der Corona-Pandemie, die Wissenschaft und ihre Erkenntnisse ins Zentrum der Entscheidungsfindung zu stellen und Wissenschaftler*innen einzubeziehen. Und last but not least gilt es, die wichtige Rolle von Kunst und Kultur, gerade auch die der innovativen Basis, der freien Kulturszenen, anzuerkennen und diese entsprechend zu fördern. Das gestalterische und visionäre Potenzial von Kunst und Kultur sind gerade während einem kulturellen Wandel, wie wir ihn aktuell erleben, unverzichtbar.
Unterzeichner*innen
Artists For Future Innsbruck
TKI – Tiroler Kulturinitiativen
Die Bäckerei - Kulturbackstube
Bonanza Kollektiv
Zukunftsschmiede
Brache - Zwischennutzungen in der Stadt
BRUX / Freies Theater Innsbruck
DIAMETRALE - Filmfestival für Experimentelles und Komisches
Feld - Verein zur Nutzung von Ungenutztem
arge klimakultur
Pro Vita Alpina
Kulturinitiative Feuerwerk
Kulturverein Grammophon Wattens
Kulturverein Vogelweide
Kunstpavillon & Neue Galerie, Künstlerhaus Büchsenhausen
KUNSTtransPORT_ Verein zur Förderung künstlerischer Kreation verschiedenster ART
Literaturhaus am Inn
p.m.k - Plattform mobile Kulturinitiativen Innsbruck
spectACT - Verein für politisches und soziales Theater
Openspace Innsbruck
styleconception - Verein zur Förderung der Alltagskultur
Theater praesent
Upcycling Studio
WEI SRAUM.Designforum Tirol
Kulturwandel für den Klimaschutz
TT, 29.4.2020
TT, 29.4.2020