Das ruhige Ende
Juli 2015
Will oder muss das Land sparen? Diese Frage stellt sich eigentlich schon lange, aber übernächstes Jahr wird sie akut. Bis 2018 ist die jetzige Landesregierung im Amt und sie hat sich Doppelbudgets vorgenommen. Das momentane läuft noch bis Ende nächsten Jahres und für 2017 und 2018 ist das letzte dieser Regierungsperiode geplant. Landeshauptmann und Finanzreferent Günther Platter hielt in der Vergangenheit - und will das auch in Zukunft machen - eisern am sogenannten Nulldefizit fest.
Und, naja, was soll man sagen, Tirol steht im Vergleich zu anderen Bundesländern finanziell wirklich gut da. Als einziges Bundesland konnte es in der Vergangenheit seine Schulden senken, also ist auch die pro-Kopf-Verschuldung am niedrigsten, und nicht das erste Mal hat der Tiroler Haushalt 2014 Überschüsse verzeichnet. Doch möglich gemacht haben das Kürzungen in verschiedenen Budgetbereichen in den vergangenen Jahren. Jetzt kommt auf das Land einiges zu. Die vom Bund beschlossene Steuerreform macht eine Verwaltungsreform notwendig, die es, weil Reformen sich in der Politik ja bald ausschließlich auf's Geldausgeben beziehen, finanziell in sich hat. Dazu kommen bekanntlich Dividendenverluste, die dem Land durch die beinahe Pleite der eigenen und durch die Pleite einer anderen Hypo entstehen. Das Ganze macht für 2017 und 2018 Einsparungen in der Höhe von knapp 95 Millionen Euro notwendig. Notwendig, um das Nulldefizit zu halten, wohlgemerkt.
Nun gliedert sich ein Landesbudget in sogenannte Pflichtausgaben, also alles, wo das Land rechtliche Verpflichtungen eingegangen ist, die Kosten zu übernehmen, und in Ermessensausgaben. Das sind Gelder, die den verschiedenen Abteilungen des Landes zur „freien Verfügung“ stehen und aus denen Subventionen und Förderungen bezahlt werden. Insgesamt hat das Land Tirol ein Budget von gut 3,5 Milliarden Euro, die Ermessensausgaben betragen lediglich 250 Millionen. Noch vor etwas über 10 Jahren lagen die Ermessensausgaben gut 100 Millionen höher. Man sieht also, wo gerne gekürzt wird. Der Landeshauptmann hat nun angekündigt, bei den Ermessensausgaben weitere 40 bis 45 Millionen kürzen zu wollen, um die Nulldefizite für 2017 und 2018 zu erreichen. Das Sparziel sind 17 Prozent und das quer durch alle Abteilungen. So hat die Kulturabteilung des Landes bestätigt, bereits die Weisung erhalten zu haben, die Einsparungen ab 2017 umzusetzen. Momentan stehen der Kulturabteilung 12,5 Millionen zur eigenen Bewirtschaftung zur Verfügung. Diese setzen sich aus den Einnahmen aus der Kulturförderabgabe - die mit den GIS-Gebühren eingehoben wird - und Mitteln aus dem ordentlichen Haushalt zusammen.
In der Vergangenheit konnten Kürzungen im Kulturbudget meist durch die Mittel aus der Kulturförderabgabe – das sind ca. 8 Millionen Euro – aufgefangen werden. Doch die nun anstehenden Kürzungen, 17 Prozent sind gut 2 Millionen Euro, werden sich massiv auf die Fördertätigkeit der Abteilung Kultur auswirken. Kürzungen in allen Förderbereichen sind unumgänglich, und da angeblich nicht die Absicht besteht, die Kürzungen nach dem Rasenmäherprinzip umzusetzen, wird es einige Projekte hart treffen. Noch ist nach Auskunft der Kulturabteilung aber nicht klar, ob die 17 Prozent-Vorgabe die gesamten Ermessensausgaben, also inklusive der Kulturförderabgabe, betreffen oder „lediglich“ die Gelder aus dem ordentlichen Haushalt, was das Fiasko nicht ganz so groß machen würde.
Das Erschreckende an der Sache ist auch, dass die Einsparungen noch vor diesem Sommer geplant und beschlossen werden sollen, was bedeutet, dass die Zeit, dagegen zu protestieren, schon fast abgelaufen ist. Ein perfider Schachzug des Landes, denn die meisten werden wohl erst Mitte oder Ende nächsten Jahres, wenn sie ihre Ansuchen an die Kulturabteilung stellen, bemerken, dass das Budget für ihre Förderungen schlicht nicht mehr vorhanden ist. Es scheint fast so, dass sich - wie beim Land selbst, das sich und seine Politik nicht mehr als gesellschaftsverändernde Kraft sieht, sondern nur noch als effiziente Verwaltung und deshalb eben die Gelder zur Gestaltung dieser Gesellschaft immer weiter kürzt - der neoliberale Gedanke, dass gespart werden muss, auch bei den Kulturarbeiter_innen durchgesetzt hat. Nichts ist zu hören, kein Protest gegen die Kürzungen, eigentlich nur das tagtägliche Jammern, dass jetzt schon zu wenig Geld da sei. Eigentlich wäre es höchste Zeit, die einzelnen Unzufriedenheiten endlich zu bündeln und gemeinsam gegen diese Sparpolitik vorzugehen - und das nicht nur in der Kulturarbeit, sondern solidarisch mit allen Betroffenen. Nach dem Sommer ist es zu spät.
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